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22.01.2024

Jubiläumsfeier in Dom und Rathaus: 25 Jahre Notfallseelsorge Aachen

Ökumenischer Gottesdienst und Empfang im Krönungssaal würdigten diesen zutiefst mitmenschlichen Dienst in der und für die Gesellschaft

So lila war der Dom noch nie - viele Notfallseelsorgende waren in ihren typischen lila Jacken und Westen gekommen.
So lila war der Dom noch nie - viele Notfallseelsorgende waren in ihren typischen lila Jacken und Westen gekommen. Foto: Eckhard Weimer

„Ich konnte kein Trost sein, nur sein.“ Dieser Satz einer Ehrenamtlichen fasst zusammen, was das haupt- und ehrenamtliche Team der Notfallseelsorge Aachen seit 25 Jahren leistet. Denn dieses „nur sein“ ist so viel mehr als das, wonach es im ersten Moment klingt. Es ist Da-sein in den dunkelsten Stunden, und den Schock, den Schmerz und die Verzweiflung mit jemand auszuhalten. So wie es die Frauen unter dem Kreuz getan haben.

Darauf nahmen viele Rednerinnen und Redner an diesem Abend Bezug, im ökumenischen Gottesdienst im Aachener Dom und beim anschließenden Empfang im Krönungssaal des Rathauses. Der Dienst sei ein zutiefst mitmenschlicher, eine besondere Seelsorge in Ausnahmesituationen, beschreibt es Pfarrerin Bärbel Büssow, die gemeinsam mit ihrem katholischen Kollegen Pfarrer Hannokarl Weishaupt den Gottesdienst hielt, in ihrer Predigt. „Sie gehen freiwillig in Grenzsituationen, die keiner gerne erleben möchte, und stehen Menschen in den ersten Stunden bei, halten Schock und Leid aus.“ Später im Rathaus überbrachte sie auch den Dank von Superintendent Hans-Peter Bruckhoff, der verhindert war.

Erste Hilfe für die Seele

Sie seien da in Situationen wie der Flutkatastrophe, der Explosion in Eschweiler, bei schweren Unfällen, Suiziden und unerwarteten Todesfällen und zeigten, dass Menschen in Not nicht allein gelassen werden, würdigte Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen den Dienst, den die Notfallseelsorge in und für die Gesellschaft leiste. Sie seien Teil eines Teams an Rettern vor Ort, einer besonderen Kooperation, die es ermöglicht „auch seelisch Erste Hilfe zu leisten“. In ihren Dank schloss sie auch die Familien ein, die den Ehrenamtlichen den Rücken freihalten, auf sie verzichten und sie nach Einsätzen auffangen. Keupen eröffnete den Reigen mit zahlreichen Gratulanten des Abends aus Politik, Verwaltung und den beiden Kirchen – denn die Notfallseelsorge ist seit ihrer Gründung 1999 ökumenisch.

Manche Einsätze wirken auch Jahre später noch nach

Gegründet hat die Notfallseelsorge für Aachen und die Städteregion (damals noch Kreis Aachen) vor 25 Jahren Frank Ertel auf evangelischer Seite mit Benediktinerpater Georg Mießen auf katholischer Seite. Frank Ertel beschrieb die Notfallseelsorge als Aushängeschild von Kirche. „Seelsorge ist einer der wenigen Bereiche, wo Kirche Menschen nicht mit Macht begegnet.“ Dafür stehen auch heute die beiden Koordinatoren dieses Dienstes, Eckhard Weimer für den evangelischen Kirchenkreis und Rita Nagel für das Bistum Aachen. Im Schnitt hätten sie zwischen 250 und 270 Einsätze im Jahr, die meisten bei Todesfällen zuhause: ungeklärte, bei denen die Kripo komme, ebenso wie natürliche, für die der Notarzt den Totenschein ausstelle, Suizide, Verkehrsunfälle und andere Unglücksfälle. Manche davon wirken auch Jahre später noch nach, wenn sie die Seelsorgenden vor Ort persönlich berührten, erzählen die beiden.

Viel positive Energie im Team

Seit 2014 übernehmen nach entsprechender Schulung auch Ehrenamtliche diesen wichtigen, aber auch schweren Dienst. Der nicht zu leisten wäre ohne ein gutes Team: „Sie halten sich gegenseitig den Rücken frei“, berichtet Eckhard Weimer. So hätten sie sich bei dem heftigen Schnee in der vergangenen Woche intern abgestimmt, dass niemand weit hätte fahren müssen, sondern immer jemand zur Not auch zu Fuß zum Einsatz hätte gehen können. Wie viel positive Energie das Team miteinander teilt, bewies auch der Projektchor, den sie – verstärkt durch den Chor des Bildungswerks Aachen –, für ihre Jubiläumsfeier gegründet hatten und der die offizielle Feier auflockerte. Chorleiter Tobias Malms, selbst Mitarbeiter der Notfallseelsorge, hatte eigens für die Feier einen vierstimmigen Chorsatz über das Motiv "Von allen Seiten umgibst Du mich und hältst Deine Hand über mir..." geschrieben und eingeübt.

Dienst wird getragen von Ehrenamtlichen

Eckhard Weimer hofft, dass es gelingt, auch für die Zukunft noch genug Ehrenamtliche zu gewinnen. Der aktuelle Ausbildungskurs sei gut nachgefragt, doch es hänge auch von Politik und Kirchen ab, dass sie weiter Geld investierten. Seit Dezember 2022 haben die beiden Kirchen mit der Städteregion eine Vereinbarung, die die Notfallseelsorge absichern soll. Besonders für die beiden christlichen Kirchen ist der Dienst auch ein Pfund, mit dem sie in schwierigen Zeiten wie diesen wuchern können.
Notfallseelsorgende müssen keiner der beiden Kirchen angehören, aber sich mit christlichen Werten identifizieren können. So bringen sie Beistand im Sinne Jesu zu Menschen egal welcher Religion, weil diese Menschen in tiefster seelischer Not sind. Und zeigen damit, was Kirche jenseits aller Kritikpunkte ausmacht: Menschen nicht alleine lassen, gerade dann nicht, wenn sie in den Abgrund des Lebens schauen.

Text: Andrea Thomas

Immanuelkirche

Siegelallee 2

52066 Aachen

Pfarrer Redmer Studemund

Louis-Beißel-Str. 6
52076 Aachen

Pfarrer Studemund ist derzeit nicht im Dienst. Als Ansprechpartner*innen stehen Ihnen Pfarrerin Monica Schreiber, E-Mail: monica.schreiber@ekir.de, Pfarrerin Astrid Brus, E-Mail: astrid.brus@ekir.de und Pfarrer Martin Obrikat, E-Mail: Martin.Obrikat@ekir.de zur Verfügung.