28.04.2025

Umstrittener Film: Diskussion über Bonhoeffer heute hoch aktuell

Ev. Erwachsenenbildung und Camus-Gesellschaft zeigten Film mit kritischer Diskussion im Apollo - Publikum erwartet klare Haltung von der Kirche

Zwei Männer vor rotem Kino-Vorhang: Holger Vanicek (li.) von der Albert-Camus-Gesellschaft und Manfred Wussow von der Ev. Kirchengemeinde Aachen leiteten das Gespräch über den Film.
Holger Vanicek (li.) von der Albert-Camus-Gesellschaft und Manfred Wussow von der Ev. Kirchengemeinde Aachen leiteten das Gespräch über den Film. (Foto: C. Braun)

Der umstrittene Film über das Leben und die Hinrichtung Dietrich Bonhoeffers, der seit März auch in den deutschen Kinos läuft, war in Aachen nur ein einziges Mal zu sehen. Am Freitag zeigte ihn das Apollo-Kino im Rahmen einer Veranstaltung der Albert-Camus-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Erwachsenenbildung im Kirchenkreis Aachen. Mehr als 50 Menschen nahmen an diesem Abend teil und äußerten im Anschluss zunächst weit auseinandergehende Reaktionen auf das Gesehene. In einem war sich das Publikum aber grundsätzlich einig: Die Evangelische Kirche müsse sich, wie damals Bonhoeffer, politisch engagieren und klar gegen Rechts positionieren. 

Der Film "Bonhoeffer" der rechts-evangelikalen Produktionsfirma Angel Studios war in Aachen nur an einem Abend zu sehen.

Der Film "Bonhoeffer" der rechts-evangelikalen Produktionsfirma Angel Studios war in Aachen nur an einem Abend zu sehen.

Viele Zuschauer nutzten die Gelegenheit, den Film im Apollo zu sehen und im Anschluss darüber zu diskutieren.

Viele Zuschauer nutzten die Gelegenheit, den Film im Apollo zu sehen und im Anschluss darüber zu diskutieren.

Bedeutender evangelischer Theologe und Gegner des Nationalsozialismus

Vor 80 Jahren, kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, wurde der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg bei Regensburg hingerichtet. Bonhoeffer war frühzeitig Gegner des Nationalsozialismus und Mitglied des Widerstands gegen das NS-Regime geworden, war Mitglied der Bekennenden Kirche und hatte sich an Umsturzplänen gegen Hitler beteiligt. Bonhoeffer wurde nur 39 Jahre alt. Und doch hat kaum ein evangelischer Theologe des 20. Jahrhunderts so tief in Kirche und Gesellschaft hinein gewirkt wie er. Im nun erschienenen Film „Bonhoeffer: Pastor. Spy. Assassin“ (Bonhoeffer: Pastor. Spion. Attentäter) unter Regie von Todd Komarnicki und mit Jonas Dassler in der Hauptrolle, stehen Bonhoeffers Bezüge zu den USA und sein Wirken im Widerstand im Mittelpunkt. Die Nachfahren von Bonhoeffers Geschwistern äußerten sich jedoch zum Erscheinen des Films ablehnend. Sie erklärten, er sei ein “die Geschichte verdrehendes Biopic”, das Bonhoeffer zu einem “evangelikalen Heiligen" stilisiere. Das Vermächtnis von Dietrich Bonhoeffer werde zunehmend von rechtsextremen Antidemokraten, Fremdenfeinden und religiösen Hetzern verfälscht und missbraucht. 

Im Gespräch in Anschluss an die Filmvorführung in Aachen sagte Manfred Wussow, Presbyter der Evangelischen Kirche in Aachen und Kenner der Werke Bonhoeffers, dass der Film zwar theatralisch sei und vieles historisch nicht korrekt darstelle, dass er aber einen Anlass gebe, über viele heute aktuelle Fragen zu diskutieren, darunter, was es konkret heiße, dem “Rad in die Speichen zu fallen” - eine berühmte Formulierung Bonhoeffers. Im Publikum äußerten mehrere Gesprächsteilnehmer, dass es auch heute von der evangelischen Kirche erwartet werden müsse, sich noch klarer und hörbarer gegen Fremdenfeindlichkeit und rechtsextreme politische Positionen auszusprechen. Gleichzeitig müssten aber auch alle Einzelnen Haltung zeigen und sich in ihrem Umfeld engagieren. Manche sahen Parallelen zwischen der Frage, wann Tyrannenmord gerechtfertigt sein könnte, wie im Falle der versuchten Attentate gegen Hitler, und ob heute die aktive kriegerische Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen den russischen Angriff trotz sonstiger pazifistischer Überzeugung möglich sei. Eine Zuschauerin sagte, es sei erschreckend, wie sehr die damalige Situation in den Anfängen des Aufstiegs Hitlers der heutigen Zeit gleiche, in der die AfD immer mehr Zustimmung gewinne. Holger Vanicek, Mit-Organisator des Abends von Seiten der Albert-Camus-Gesellschaft, hob hervor, dass es, obwohl Camus kein gläubiger Mensch gewesen sei, viele Berührungspunkte im Denken Camus' und Bonhoeffers gebe. “Bei Camus und bei Bonhoeffer herrscht ein ähnlicher Geist”, sagte er und forderte dazu auf, sich in Zukunft weiterhin mit den Gedanken beider zu beschäftigen und gemeinsame Veranstaltungen ins Auge zu fassen.

(Text: Ev. Kirchenkreis Aachen / C. Braun)

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